Der Fall

“Berichterstattung über den ehem. Ersten Vorsitzenden einer Berliner Kirchengemeinde — zugleich angestellter Referent einer überparteilichen Einrichtung, Beschäftigter im Öffentlichen Dienst für die Unterbehörde einer Bundesbehörde —, der einen Dritten am privaten Lebens- und Rückzugsort durch widerrechtliches Eindringen in das gemietete Gebäude, ein Einfamilienhaus, bedrängt und belästigt hat. Mithilfe einer schriftlichen Lüge soll dieser zutreffende Vorwurf endgültig aus der Welt geschafft und zensiert werden, wäre da nicht die Hartnäckigkeit der Betroffenen, der im Kampf ums Recht kaum ein Weg zu weit ist. Die Nachweisführung über strafrechtswidriges und prozessual unzulässiges Verhalten des Beschäftigten im Öffentlichen Dienst wird jedoch erst- und zweitinstanzlich sowohl vom Landgericht, als auch vom Kammergericht Berlin außergewöhnlich erschwert und bislang, trotz überobligatorischer Erfüllung des Beweisanspruchs und der geradezu lehrbuchartigen Indizienkette, nicht anerkannt.”

Aktualisierung:

In öffentlicher Sitzung vom 13. April 2023 wich der Senat von seinem willkürlichen Kurs ab und stellte gleich zu Beginn der Verhandlung klar, dass der Verfügungskläger, der die Vollziehung der Einstweiligung Verfügung versäumt hatte, am besten beraten ist, wenn er den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung freiwillig zurücknimmt. So geschehen! Der Bericht ist hier hinterlegt, es wird jedoch empfohlen den Fall hier auf der Seite vollständig zu lesen, denn dieser setzt sich fort und steht vor der spannenden Frage, ob die zusammengetragene Beweislage vom Kammergericht für eine identifizierende Berichterstattung als ausreichend erachtet wird, was das Landgericht Berlin unter Berufung auf das völlig inakzeptable und unprofessionelle Verhalten des Presserichters Holger Thiel von Stunde eins an zu verhindern versucht.

Nachricht an den 10. Zivilsenat KG Berlin, 17. März 2023, (Auszug):

“Was ich erst kürzlich dem Leiter der Amtsanwaltschaft (Dr. Rüdiger Reiff) geschrieben habe

“[…] denn es drängt sich auf, dass Berliner Ermittler oder Ermittlungsbehörden, wie in meinem Fall, tatsächlich nicht fähig genug sind, die einfachsten logischen Schlüsse aus eindeutigen Beweis- und Zeugenangeboten zu ziehen. An diesen Angeboten gibt es weder einzeln noch in ihrer Summe auch nur den geringsten Zweifel, außer die Gerichte und Behörden beurteilen den Sachverhalt ausschließlich nach dem gewünschten Ergebnis.

trifft auf die besondere Expertise von Richtern des Land- und Oberlandesgerichts Berlin genauso zu.“

Ausgangs- und Prozesslage:

Der Täter und Aggressor, der Beschäftigte F. im Öffentlichen Dienst, sah sich zum ersten Mal in der. 2. Jahreshälfte 2020 öffentlich mit dem begründeten Vorwurf des widerrechtlichen Eindringens in ein ihm nicht gehörendes Einfamilienhaus konfrontiert. Zu Recht darf von einem strafbaren Hausfriedensbruch gem. $ 123 StGB zu Schikanezwecken die Rede sein. Die originäre Tat, die sich am Freitag, den 14. Juni 2019 ereignete, konnte strafrechtlich wegen Zeitablaufs nicht mehr verfolgt werden. Ursprünglich mangelte es auch am Wissen über den Täter, da dieser beim Betreten des Gebäudes seinen Namen nicht preisgab. Für eine strafrechtliche Verfolgung, deren Ausgang stets ungewiss ist, erschwerend kam hinzu, dass die geschädigte Person N. (Besitzerin des Gebäudes) in einem unbefristeten Abhängigkeits- bzw. Vertragsverhältnis mit der Institution steht, der der Beschäftigte F. außerdienstlich als 1. Vorsitzender des Gemeindekirchenrats bis Ende 2019 angehörte. Da das übergriffige Auftreten der Institution und ihrer Vertreter auf einer untereinander abgestimmten Systematik beruhte, wurde der Wille zur Aufklärung geschädigtenseits schließlich einer höheren Priorität unterworfen. Auch zu Selbstschutzzwecken. F., die Person, die einzig als Täter und Hausfriedensbrecher infrage kam, wurde etwa 1 Jahr nach der Tat von einer Welle der Konfrontation überschwappt – direkt, unbequem und strapazenreich.

Gegen den öffentlich und im sozialen Umfeld des Täters erhobenen Vorwurf des widerrechtlichen Eindringens in befriedeten Besitz, ging der Beschäftigte F. zunächst mit einer Abmahnung, und kurz darauf mit dem Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung vor. Im positiven Wissen über seine am 14. Juni 2019 begangene Tat, und in Kenntnis einer Strafbarkeit gem. § 156 StGB, gab F. als Mittel der Glaubhaftmachung gegenüber dem Landgericht Berlin und der dortigen 27. Zivilkammer (Pressekammer) eine falsche Versicherung an Eides Statt ab. Im Zusammenwirken mit seinem prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt E., der später noch eine Rolle beim Verbreiten einer schriftlichen Lüge spielt, versicherte F., als Täter nicht infrage zu kommen, da er das gegenständliche Gebäude nie betreten habe. Ein namentlich nicht genannter Kurier oder ein Paketbote sei die Person im Haus gewesen, nicht aber F.

Die Geschädigte N. und ein weiterer Zeuge K. gaben realistische und lebensnahe eidesstattliche Versicherungen ab, die das Erstgericht im betriebenen Einstweiligen Verfügungsverfahren ohne erfindlichen Grund als nicht ausreichend einstufte, gleichwohl der Prozessbevollmächtigte der Geschädigten, ein renommierter, medienbekannter Rechtsanwalt, die beiden Versicherungen (wohl zutreffend) als Austern aus Paris einstufte. Die Richter der Zivilkammer 27, die im Termin zur mündlichen Verhandlung ersichtlich dem Antragsteller F. zuneigten, nahmen, um die Einstweilige Verfügung als bestätigendes Endurteil erlassen zu können, einen – wie sich herausstellte – verdeckten Austausch des Lebenssachverhalts vor, den das Gericht zweifelhaft u.a. mit der stärkeren Eingriffsintensität bzu begründen versuchte. Aus welchem Grund ein persönlich zugestellter Brief eingriffsintensiver sein soll als eine Veröffentlichung im Internet, war bereits nicht nachvollziehbar. In Wirklichkeit ist dem Landgericht aber ein Fehler unterlaufen, denn die Tenorierung der ursprünglich erlassenen Verfügung war aus verschiedenen Gründen nicht haltbar. Ein neuer Lebenssachverhalt wurde plötzlich gebraucht, dieser erfordert jedoch stets eine weitere (neue) Vollziehung der Verfügung gem. § 929 ZPO, an der es fehlte. Der Antragsteller F. und dessen Prozessbevollmächtigter E. stellten die Verfügung innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Monatsfrist nicht wirksam zu. Auch die Berufung auf eine amtswegige Zustellung des Urteils kam nicht in Betracht, da das Landgericht Berlin sein Urteil nebst Begründung erst ca. 6 Wochen nach der mündlichen Verhandlung den Parteien zustellte.

Die Geschäftsstelle der 27. Zivilkammer bat den Antragstellervertreter, Rechtsanwalt E., zusammen mit der Zustellung der Urteilsbegründung um den Nachweis der Vollziehung der Verfügung. E. gab an, die Verfügung nicht erneut vollzogen zu haben, da es sich aus seiner Perspektive lediglich eine unwesentliche Abänderung gehandelt haben soll. Kommentar: Eine solche Einschätzung mutet riskant an, denn das Verfahrens- und Kostenrisiko erhöht sich für den Antragsteller (theoretisch).

Wird der Gegenstand einer Verfügung (im Sinne eines aliud) komplett ausgetauscht, was für das vorliegende Verfahren offensichtlich zutrifft, wird der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung spätestens in der Rechtsmittelinstanz, und wenn die Berufung die mangelnde Vollziehung mit Recht rügt, zurückgewiesen und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen auferlegt.

Das ist der rechtsstaatliche Lauf der Dinge.

Im 10. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin, besetzt mit den Richtern Dr. Oliver Elzer, Katrin Schönberg, Manfred Schneider und Markus Frey gelten diese Grundsätze in Ansehung der Parteien nicht.

Solange eine in I. Instanz erlassene Verfügung Bestand hat, und die II. Instanz die in Eilverfahren gebotene zügige Bearbeitung nicht vorantreibt, kann sich ein Antragsteller oder eine Antragstellerin, zu dessen oder deren Gunsten, wenn auch fälschlich, die Verfügung erlassen wurde, im Lichte richterlicher Fehleinschätzung ausspannen.

Beachtlich:

Im Falle des Beschäftigten F., dessen Rechtsanwalt E. und der Antragsgegnerpartei trifft Folgendes zu: 

1.) Erlass der Einstweiligen Verfügung am 05. Januar 2021, GV-Zustellung am 14. Januar 2021
2.) Widerspruch wurde eingelegt
3.) 25. März 2021 Termin zur mündlichen Verhandlung; Holger Thiel als Vorsitzender Richter
4.) Auf Wunsch des Antragstellers bestätigt das LG die Einstweilige Verfügung, allerdings mit neuem Lebenssachverhalt
5.) Die Einstweilige Verfügung wurde nicht erneut vollzogen
6.) 10. Mai 2021 Zustellung des Urteils nebst Urteilsbegründung; Anwaltswechsel auf Seiten der Antragsgegnerin
7.) 10. Juni 2021 Berufung zum Kammergericht
8.) Bis Anfang Dezember 2021 Berufungsbegründung/Erwiderung/Stellungnahme Gegner
9.) 7 Monate bis Anfang Juni 2022 unterliegt das Eilverfahren keiner Bearbeitung
10.) Sachstandsanfrage am 02. Juni 2022 durch die Kanzlei der Antragsgegnerin
11.) KG-Schreiben vom 03. Juni 2022, aus dem hervorgeht, dass der Berichterstatter Schneider bis 23.06. im Urlaub sei
12.) 3 Monate vergehen und nach außen hin gerichtet geschieht nichts
13.) Am 23.09.2022 beschließt der Senat, die (zulässige und begründete) Berufung gem. § 522 ZPO zurückweisen zu wollen

“Wie Sie dem beigefügten Beschluss des Kammergerichts (KG) entnehmen können, beabsichtigt es, Ihre Berufung gegen das landgerichtliche Urteil einstimmig im Beschlusswege zurückzuweisen. Es vertritt darin im Wesentlichen überraschend in Widerspruch zum 9. Senat die Auffassung, eine erneute Vollziehung des im Vergleich zum Beschluss wesentlich veränderten Urteils sei nicht nötig gewesen, weil es sich dabei nur um eine Förmelei gehandelt hätte. Die Begründung überzeugt jedoch nicht, weil das KG offensichtlich auf einen unzutreffenden Gesichtspunkt abstellt.

Zweck der Vollziehung eines Urteils durch die (hier unterbliebene) Parteizustellung ist es nämlich, dem Schuldner den Vollziehungswillen des Gläubigers (hier also Herrn F.) zum Ausdruck zu bringen. Dazu bedarf es logischerweise einer Handlung des Gläubigers, nicht nur des Gerichts. Dies entspricht einhelliger Auffassung, auch in der Rechtsprechung. Selbst den vom KG zum Beleg seiner Ansicht zitierten Entscheidungen lässt sich nichts entnehmen, was die beabsichtigte Zurückweisung stützen würde.

Das KG argumentiert in dem beigefügten Beschluss vielmehr so als sei Ihnen innerhalb der Vollziehungsfrist lediglich eine falsche Fassung des landgerichtlichen Urteils (z.B. einfache Kopie statt beglaubigter Abschrift) zugestellt worden. Diese Frage behandelt beispielsweise das OLG Düsseldorf in der vom KG angeführten Entscheidung. Im vorliegenden Fall wurde ihnen innerhalb der Vollziehungsfrist jedoch überhaupt nichts zugestellt, insbesondere nichts vom Gläubiger (d.h. Herrn F.).“

Es folgen (zusammenhängend am 14.10.2022 dem Gericht eingereicht):

- Ablehnungsgesuch gegen alle drei Richter, die den Hinweisbeschluss vom 23.09.2022 inhaltlich tragen
- 17 seitige anwaltliche Stellungnahme

Die danach am 10. November 2022 bei der Kanzlei eingegangenen und in den Kenntnisbereich der Antragsgegnerin gelangten dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter stellten eine sich gegenseitig deckende, beschämende Dürftigkeit dar, auf die anwaltlich erneut Stellung genommen werden konnte, und auch wurde:

“Der Hinweisbeschluss des Kammergerichts vom 23.09.2022 gibt in dieser Hinsicht Anlass zum Zweifel an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter. In materiell-rechtlicher Hinsicht wird er getragen von einer Voreingenommenheit gegenüber der Berufungsklägerin […]

Dieses, das Verhalten der Berufungsklägerin diskreditierende, Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil es auf einer eklatant oberflächlichen und fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung beruht. […] Aber der Berufungsklägerin wird durch diese Begründung der ‚Schwarze Peter‘ zugeschoben. Sie ist die Böse in diesem Streit.

Gleichzeitig wird das Verhalten des Berufungsbeklagten relativiert und der Verdacht der Parteilichkeit dadurch weiter genährt. Denn die abgelehnten Richter führen im Hinweisbeschluss aus, dass es sich bei dem Vorgang, gegen den sich die Berufungsklägerin in ihrem Schreiben wendet, „um eine Bagatelle“ handelt, obwohl es sich bei dem Verhalten des Berufungsbeklagten um einen Hausfriedensbruch und damit um eine Straftat nach § 123 Abs. 1 StGB gehandelt hat. Diese Straftat wird von den abgelehnten Richtern weitergehend dadurch verniedlicht, dass sie im Hinweisbeschluss als „vermeintlicher“ Hausfriedensbruch bezeichnet wird. Ähnlich verharmlosend ist die weitere Wendung im Hinweisbeschluss auf Seite 12, wo es heißt: „Wenn die Antragsgegnerin hierin eine Straftat sieht“. Hausfriedensbruch ist eine Straftat, nicht nur nach der persönlichen Auffassung der Berufungsklägerin. Für die Berufungsklägerin geht aus den Ausführungen im Hinweisbeschluss hervor, dass ihr vom Kammergericht eine perfide Strategie unterstellt wird, während das Eindringen des Berufungsbeklagten in ihre Wohnung verharmlost wird. Die abgelehnten Richter wollen in ihrem Wertungssystem offensichtlich nicht, dass die Berufungsklägerin mit ihrer Berufung Erfolg hat.

Der Berufungsklägerin muss sich in dieser Konstellation von Gut und Böse objektiv der Eindruck aufdrängen, dass die abgelehnten Richter eines der Hauptargumente der Berufung, nämlich die fehlende Zustellung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin, mit rechtlich unhaltbaren Argumenten aus dem Weg räumen wollen, um dem Berufungsbeklagten zur Seite zu springen.

Dafür spricht schon, dass sie ignorieren, dass das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25.03.2021 nicht binnen der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO zugestellt wurde, sondern erst am 10.05.2021, über 6 Wochen nach der Urteilsverkündung. Diese Diskrepanz muss den abgelehnten Richtern aufgefallen sein, zumal sie das Urteil auf Seite 5 des Hinweisbeschlusses sogar auf den 25.02.2021 datiert haben und zwischen diesem Datum und der Zustellung durch das Gericht über 10 Wochen vergangen waren, während die Vollziehungsfrist bekanntlich einen Monat beträgt, wie dem mit einstweiligen Verfügungsverfahren vertrauten Senat natürlich bestens bekannt ist.”

Um die fehlende Zustellung missachten zu können, beziehen sich die abgelehnten Richter im Hinweisbeschluss des Weiteren auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf. Aus der wird zwar umfangreich zitiert. Es wird aber mit keinem Wort erwähnt, dass sich der Sachverhalt, der dieser Entscheidung zugrunde lag, ganz wesentlich von der Zustellungsproblematik unterscheidet, wie sie im vorliegenden Rechtsstreit besteht. Im Düsseldorfer Verfahren ging es schlicht darum, dass der dortigen Antragsgegnerin von der Antragstellerin fehlerhaft nur eine einfache Abschrift einer einstweiligen Verfügung zugestellt wurde, wobei die Antragsgegnerin binnen der Vollziehungsfrist jedoch vom Gericht eine beglaubigte Abschrift erhalten hatte. In diesem Falle kann die Berufung der dortigen Antragsgegnerin auf die fehlende Zustellung einer beglaubigten Abschrift im Parteibetrieb als reine Förmelei gewertet werden.

Der grundlegende Unterschied im vorliegenden Verfahren liegt jedoch darin, dass der Berufungsbeklagte das Urteil des LG Berlin vom 25.03.2021 überhaupt nicht zugestellt hat und die Zustellung der einstweiligen Verfügung durch das LG Berlin erst weit nach Ablauf der Vollziehungsfrist erfolgte. Auf diesen Unterschied geht der Hinweisbeschluss nicht ein, und zwar aus objektiver Sicht, weil er dem gewünschten Ergebnis der Zurückweisung der Berufung im Wege steht.

“Die eklatant fehlerhafte Sachverhaltserfassung führt im Ergebnis dazu, dass auf Seiten der Berufungsklägerin objektiv der Eindruck entstehen muss, dass die abgelehnten Richter die Berufungsklägerin, der sie zu Unrecht eine perfide Strategie unterstellen, nicht mit dem ‚billigen‘ Argument der objektiv fehlenden Vollziehung des Urteils des LG Berlin davonkommen lassen wollen.“

Danach sah sich der mit Dr. Elzer an der Spitze besetzte Senat zunächst veranlasst, das Ablehnungsgesuch zurückzuweisen. In der Zurückweisungsbegründung wird auch Bezug auf die fehlende Vollziehung der Einstweiligen Verfügung genommen. Dr. Elzer, der als Vorsitzender in Erscheinung tritt und den Kurs des Senats zu verantworten hat, unternimmt darin in Zusammenkunft mit den Richterinnen Katrin Schönberg und Aaltje Monjé zwei neue Versuche, die erforderliche aber offensichtliche fehlende Vollziehung zu rechtfertigen. Das absurde Schauspiel beginnt zunächst damit, dass behauptet wird, der Kläger brauchte die modifizierte Einstweilige Verfügung nicht erneut vollziehen:

“Denn der Verfügungskläger musste, wie von den abgelehnten Richtern der Sache und dem Ergebnis nach unter II. 1. b) auch vertreten, die Beschlussverfügung nach ihrer Bestätigung durch die Urteilsverfügung vom 25. März 2021 nicht nochmals nach §§ 936, 929 Absatz 2 ZPO vollziehen. Bestätigt das Gericht, wie im Fall, nach einem Widerspruch eine Beschlussverfügung, und schränkt es das Verhalten, das es zu unterlassen gilt, in Bezug auf die konkrete Verletzungsform nur ein, muss der Gläubiger nach allgemeiner Ansicht die Anordnung nicht erneut vollziehen.”

Hieran sind gleich zwei Dinge falsch (was selbstverständlich auch die Richter wissen): 1.) Das Landgericht hat im Widerspruchsverfahren die Verfügung nicht gemäß ihres Ursprungs bestätigt. Es hat auch nicht das Verhalten lediglich eingeschränkt. 2.) Das Landgericht stellte auf einen ganz neuen Lebenssachverhalt ab und begründete dies u.a. mit einer deutlich intensiveren Eingriffsqualität. Dieser ins Feld geführte neue Lebenssachverhalt war vom ursprünglichen Tenor logischerweise nicht umfasst. Mit der Eingriffsqualität begründete das Gericht seine Entscheidung, verschwieg aber, dass es darauf gar nicht ankam, denn warum eine handvoll Briefe, die die inkriminierte Äußerung enthielten, eingriffsintensiver sein sollte, als eine für jederman zugängliche Veröffentlichung im Internet, also einem Massenmedium, erschließt sich nicht. Erklärung: Das Landgericht versucht damit seinen eigenen Fehler zu kaschieren, denn der ursprünglich untersagten Internetveröffentlichung ließ sich die inkriminierte Äußerung gar nicht entnehmen. Das hatten der Antragsteller und auch das Landgericht übersehen. Der Tenor der anfänglichen Verfügung war demzufolge von der in Bezug genommenen Verletzungsform (Internetveröffentlichung) nicht gedeckt, da sich aus ihr keine Verletzung ergeben konnte. Es brauchte also ein neues (anderes) Medium, das die untersagte Verletzung hergab, und auf die das Gericht mit bestätigendem Urteil abstellen konnte, denn es wollte ja seine Verfügung verteidigen bzw. retten. Bedeutet: Anfänglich war eine einzelne (den Tenor nicht tragende) Verletzungsform untersagt, nicht mehrere, die es ggf. einzuschränken galt. Auch das ist den Richtern nur allzu bekannt und bewusst.

Die Richter bedienen sich in ihrer Erklärung folglich einer Einschränkung des Verhaltens, die in Wirklichkeit aufgrund der Umstände, die sich aus den Akten ergeben, jedoch ohne dass darauf eingegangen wird, gar nicht trägt.

Gleich im nächsten Absatz ihrer Begründung widersprechen sich die Richter. Zunächst gingen sie ja davon aus, dass es einer erneuten Vollziehung gar nicht bedurfte und rechtfertigen dies mit einer Einschränkung im Verhalten. Direkt im Anschluss heißt es aber dann:

“Der Verfügungskläger hatte außerdem durch seinen Prozessbevollmächtigten den damaligen Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten innerhalb der Monatsfrist, nämlich am 14. April 2021, angeschrieben und aufgefordert, eine Abschlusserklärung abzugeben (Anlage AST 12, Blatt 37 ff. Band II der Akte). Damit aber hatte er die Urteilsverfügung im Sinne von § 929 Absatz 2 ZPO ausreichend vollzogen.“

Plötzlich bedurfte es nach Ansicht der Richter a) doch einer erneuten Vollziehung der Verfügung, die b) aufgrund einer Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO stattgefunden haben soll. Diese Ausführung ist in zweierlei Hinsicht pikant, denn kurz zuvor waren die Richter noch der Meinung, dass die Verfügung nicht erneut vollzogen werden musste, plötzlich aber doch. Ihren Sinneswandel rechtfertigen sie mit einer Aufforderung zur Abschlusserklärung des Verfügungsklägers an die Beklagte. Allein dadurch soll eine Einstweilige Verfügung im Rechtssinne vollzogen worden sein. Mit Verlaub, der Rechtsanwalt, der diese “richterliche Begründung” empfing, fand für diese unverschämte und willkürlich hergeleitete Dürftigkeit deutliche Worte:

“Die Urteilsverfügung des Landgerichts wurde durch die Aufforderung des Verfügungsklägers an die Verfügungsbeklagte zur Abgabe einer Abschlusserklärung nicht vollzogen. Trotz umfangreicher Hinweise auf die Rechtsprechung verschiedener Gerichte, wie sie sich im Beschluss des Kammergerichts über das Ablehnungsgesuch zu anderen Rechtsfragen finden, vermag das Kammergericht keine Gerichtsentscheidung, nicht einmal eine Literaturstelle anzugeben, aus der sich ergeben könnte, dass die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung eine Vollziehung einer einstweiligen Verfügung nach § 929 (2) ZPO sein könnte. Tatsächlich konnte auch der Unterzeichner nach umfangreichen Recherchen nirgendwo eine Fundstelle ausmachen, aus der sich eine solche Auffassung ableiten ließe.”

Die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung gem. § 929 (2) ZPO und ein Abschlussschreiben dienen unterschiedlichen Zwecken. Durch die Vollziehung nach § 929 (2) ZPO manifestiert der Gläubiger seinen Vollziehungswillen und schafft eine Wirksamkeitsvoraussetzung (BGH GRUR 1993, 415; OLG Nürn-berg NJW-RR 2022, 500; Beck OK ZPO/ Mayer § 936 Rn. 18).

Das Abschlussschreiben hat dem gegenüber einem doppelten Zweck. Zum einen ist es regelmäßig erforderlich, wenn der Gläubiger nicht im Hauptsacheprozess ein sofortiges Anerkenntnis des Schuldners riskieren will. Es entspricht aber zum anderen auch dem mutmaßlichen Willen des Schuldners, weil es ihm die Möglichkeit bietet, den Rechtsstreit statt durch ein möglicherweise langwieriges und kostenträchtiges Hauptsacheverfahren kostengünstiger durch die Abgabe einer Abschlusserklärung zu beenden (OLG München GRUR-RR 2021, 512; OLG Hamburg GRUR-RR 2014, 229). Beim Abschlussschreiben geht es mithin darum, ein Hauptsacheverfahren über denselben Streitgegenstand zu vermeiden. Bei der Vollziehung nach § 929 (2) ZPO geht es darum, dem Schuldner gegenüber zu manifestieren, dass der Gläubiger auf die Beachtung der einstweiligen Verfügung Wert legt.

Obwohl es seit Jahrzehnten üblich ist, dass der Gläubiger den Schuldner nach Erlass einer einstweiligen Verfügung auffordert, diese als abschließende Regelung anzuerkennen, wurde noch nie angenommen, dass diese Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung eine Vollziehung der einstweiligen Verfügung darstellt. Stattdessen heißt es in OLG Karlsruhe NJW-RR 2016, 821:

„Wegen dieser Besonderheiten ist eine Ungewissheit oder Unklarheit darüber, ob eine (fristgerechte) Vollziehung stattgefunden hat, tunlich zu vermeiden. Es geht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht an, die Beantwortung dieser Frage von den Umständen des Einzelfalls, einer Interessenabwägung oder einer Ermessensentscheidung abhängig zu machen. Ebenso wenig darf die Auslegung einer Willenserklärung den Ausschlag geben. Wenn die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung/Anordnung auch auf anderer Weise als durch Zustellung im Parteibetrieb denkbar ist, muss es sich also immer um ähnlich formalisierte und urkundlich belegte, jedenfalls leicht feststellbare Maßnahmen handeln.“

Eine solche leicht feststellbare Maßnahme liegt nach herrschender Rechtsprechung bspw. darin, dass der Gläubiger binnen der Vollziehungsfrist einen Ordnungsmittelantrag stellt. Demgegenüber wurde es für nicht ausreichend gehalten, dass der Gläubiger dem Schuldner eine Urteilsverfügung als Anlage zu einem privatschriftlichen Schreiben übermittelt (KG WRP 1995, 325; s.a. KG GRUR-RR 2015, 181, 182). Noch weniger ausreichen kann dann aber ein Schreiben, das lediglich auf eine einstweilige Verfügung Bezug nimmt, die dem Schreiben nicht einmal beigefügt ist.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es entgegen der vorstehend zitierten Rechtsprechung auch nicht leicht feststellbar ist, ob dem Schuldner ein Abschlussschreiben zugegangen ist. Dies hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, die nicht berücksichtigt werden können, um festzustellen, dass eine Vollziehung erfolgt ist.

“Zusammenfassend wirkt die Begründung des Senats im fälschlicherweise auf den 10.01.2023 datierten Beschluss wie der verzweifelte Versuch, die fehlerhaften Hinweise im Beschluss des Senats vom 23.09.2022 irgendwie zu retten. Das wiederum bestätigt leider doch den Verdacht, dass der Senat nicht nach der Sache, sondern nach der Person entscheidet, weil sie den Gerichten unbequem ist.

Wir appellieren daher an den Senat, einen Reset auf Null vorzunehmen und mit Justitias Augenbinde zur unvoreingenommenen Subsumption unter die gesetzlichen Regeln, wünschenswerterweise in der Auslegung der seit Jahren und Jahrzehnten herrschenden Rechtsprechung zurückzukehren. Sollte der Senat juristisches Neuland betreten wollen, müsste seine Entscheidung durch öffentliches Urteil natürlich - schon wegen der Originalität - der Veröffentlichung in Fachmedien zugeführt werden.”


Entscheidung am 13. April 2023
Bericht ist hier hinterlegt

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